PRESSEMITTEILUNG Berlin, 25.01.2011
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: „Tötungsspezialist“ ist Beleidigung
Aktivistinnen für sexuelle Selbstbestimmung von Frauen begrüßen das Urteil
Berlin – Am 13. Januar 2011 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geurteilt, dass
Abtreibungsgegner FrauenärztInnen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, nicht als
„Tötungsspezialisten“ bezeichnen dürfen. Ist dies der Fall, sei eine Verurteilung wegen
Beleidigung gerechtfertigt, so das Gericht. Es liege keine Verletzung des Rechts auf freie
Meinungsäußerung vor.
2009 hat sich die „AG Sexuelle Selbstbestimmung“ gegründet. Diese ist ein Bündnis aus
Akteurinnen des Berliner Netzwerk Frauengesundheit, des Berliner Familienplanungszentrum –
BALANCE, des Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V.
(AKF) und des Berliner Landesverband des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD). 2009
hat die AG die „Erklärung eines Bündnisses für Entscheidungsfreiheit der Frauen über ihren
Körper und ihre Lebensplanung“ veröffentlicht. Bislang haben über 100 Einzelpersonen und
Institutionen das Papier unterschrieben.
Die „AG Sexuelle Selbstbestimmung“ tritt für die selbstbestimmte Entscheidung der Frauen über
ihre Sexualität sowie ihre Familien- und Lebensplanung ein. Daher begrüßt sie das Urteil des
Straßburger Gerichtes ausdrücklich. Für die AG ist es längst an der Zeit klarzustellen, dass
Menschen und Institutionen, die sich für das Recht auf reproduktive Gesundheit von Frauen und
gegen die Diskriminierung von Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen
wollen einsetzen, nicht mehr von Abtreibungsgegnern beleidigt und diffamiert werden dürfen.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes wird Folgen für die deutsche Rechtsprechung haben
und Chancen eröffnen, sich gegen Abtreibungsgegner zu wehren.
Dass dies nötig ist, zeigen einige Beispiele: Auf Homepages von Abtreibungsgegnern werden u.a.
ÄrztInnen und Familienplanungszentren, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen,
herabgesetzt und als „Tötungszentren“ oder „Mörder“ bezeichnet. Darüber hinaus gab es
zahlreiche Strafanzeigen von Abtreibungsgegnern gegen aufklärende, beratende und
praktizierende AkteurInnen. Ihnen wurde u. a. Werbung für Schwangerschaftsabbrüche
unterstellt.
Die „AG Sexuelle Selbstbestimmung“ wendet sich gegen christliche Abtreibungsgegner und sieht
in ihnen eine Gefahr für die Entscheidungsfreiheit der Frauen. Vor diesem Hintergrund hat sie am
12. Januar 2011 die Fachtagung „Sexuelle Selbstbestimmung – Realität oder Utopie? Das Recht
auf reproduktive Gesundheit nach 20 Jahren Wiedervereinigung“ im Roten Rathaus Berlin
veranstaltet. Teilgenommen haben prominente Landes- und Bundespolitikerinnen.
Eine Dokumentation der Tagung sowie weitere Informationen zum Thema finden Sie auf
http://www.fpz-berlin.de (unter Fachinfos/Schwangerschaftsabbruch).
Ansprechpartnerinnen:
Sybill Schulz, Sprecherin Netzwerk Frauengesundheit Berlin, Geschäftsführerin Berliner
Familienplanungszentrum – BALANCE, Tel. 030/236 236 80, Email: schulz@fpz-berlin.de
Isabel Merchan, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel. 030/236 236 80, merchan@fpz-berlin.de